Ich hatte einen tollen Ms. Confidence Moment, als ich mich vor zwei Jahren endlich dazu entschieden habe, meine bis dahin schulterlangen Haare zu einer schicken Kurzhaarfrisur schneiden zu lassen. Davon hatte ich schon lange geträumt, den Gedanken aber doch immer wieder verworfen und „auf den richtigen Zeitpunkt“ gewartet. Aus Angst vor der Reaktion meines Umfelds und der Sorge, mich für diesen Schritt rechtfertigen zu müssen, habe ich diesen Wunsch immer wieder verdrängt. Und auch ich selbst habe mir bei der Entscheidung natürlich im Weg gestanden: Werde ich mich dann noch weiblich genug fühlen oder werde ich vielleicht ständig das Bedürfnis haben, die kurzen Haare durch stärkeres Schminken, hohe Schuhe oder andere typische Weiblichkeitssymbole ausgleichen zu müssen?

Den Auslöser, den Schritt zur Kurzhaarfrisur doch zu wagen, stellte schlussendlich die Beendigung meines Gap Years im Anschluss an mein Bachelorstudium dar, das ich mit verschieden unbezahlten Praktika gefüllt hatte. Die Arbeitserfahrungen in diesem Jahr haben mir mehr als alles zuvor das Gefühl gegeben, nicht wertgeschätzt, in meinen Bedürfnissen nicht ernstgenommen und mit meiner Arbeitskraft eigentlich gar nicht benötigt zu werden. Gleich am letzten Tag des letzten Praktikums bin ich daher zum Friseur gegangen und habe mir die Haare abschneiden lassen. Für mich war das in diesem Moment eine Art Befreiungsschlag, ein Protest, ein Versprechen an mich selbst und gleichzeitig ein Wutschrei hinaus in die Welt: Nie wieder! Nie wieder Praktikum, nie wieder unter Wert verkaufen, nie wieder unfaire oder demütigende Arbeitsbedingungen akzeptieren!

Nie wieder unter Wert verkaufen

Seit ich meine Haare so trage, wie ich es möchte, fühle ich mich mehr wie ich selbst und in jeder Situation selbstbewusster, charakterstärker und speziell im Arbeitskontext durchsetzungsfähiger. Nicht einmal habe ich mich wegen meiner kurzen Haare weniger hübsch oder als Frau weniger wert gefühlt. Ich bin stolz, eine Kurzhaarfrisur zu haben und versuche dieses Gefühl jeden Tag nach außen zu tragen. Ich wünsche allen meinen Mitmenschen, dass sie die Möglichkeiten erhalten, ihr Äußeres so zu wählen, wie es ihrem Inneren entspricht, auch falls das den gesellschaftlichen Erwartungen oder geschlechtertypischen Rollenbildern widersprechen sollte

Felicitas, 24 aus Heidelberg